Die EPINetz Plattform

EPINetz soll strukturierte Übersichten über laufende politische Themen und die Debatten dazu bieten. Hierfür werden Daten nahezu in Echtzeit aus verschiedenen Quellen im Netz erhoben. Es handelt sich vor allem um Nachrichtenbeiträge von verschiedenen Nachrichtenportalen, um Postings aus Sozialen Medien in Bezug auf (politisch relevante) Personen oder Organisationen sowie um Drucksachen des Bundestags. Diese Datenströme werden in ein Modell integriert, auf das verschiedene Methoden zur Analyse und Exploration der Daten angewendet werden. Die durch automatisierte Analysen gewonnen Ergebnisse werden permanent im Austausch mit Expert:innen und Anwender:innen evaluiert.

Ein Netzwerk von Netzwerken

News-Artikel, Postings und Drucksachen besitzen eine Vielzahl von Eigenschaften, die bei der Analyse und Exploration relevant sind. Neben den Texten selbst spielen deren Metadaten, wie z.B. Autor:in oder Zeitpunkt der Veröffentlichung, eine große Rolle. Anstatt alle diese Informationen separat zu verwalten, erstellt EPINetz ein Modell basierend auf dem Konzept eines Netzwerks von Netzwerken. Die Idee hierbei ist, dass Kookkurrenzen, also das gemeinsame Auftreten von Objekten (Autor:in, Artikel, Posting, Satz, Wort etc.), in Form von Netzwerken dargestellt werden.  
Bild: Marina Walther

Wer spricht und wird wahrgenommen? Zu welchen Themen? – politikfeld-spezifisches Mapping von Debatten

Bild: YouTube @Rezo ja lol ey
Politische Debatten sind meistens themenorientiert. Die Themen wiederum lassen sich an Schlüsselbegriffen erkennen, welche auf der EPINetz Plattform abgebildet werden. Für jedes Politikfeld ermittelt EPINetz darüber hinaus Schlüsselakteure, welche wir als „Rhetoren“ bezeichnen. Rhetoren haben eine hervorgehobene Stellung als Sprecher:innen für eine Sache und kommunizieren in der Regel strategisch. Allerdings muss dieses statische Bild, orientiert an organisierten Interessen, angesichts dynamischer Konstellationen im Zuge der Digitalisierung durch weitere Akteure ergänzt werden. Zu den individuellen sog. Meinungsführer:innen zählen zunehmend neuartige Akteure, die ihre Stellung aus dynamischen Aufmerksamkeitsökonomien, etwa in sozialen Netzwerken, beziehen.

Wie erreichen Personen oder Argumente Aufmerksamkeit? – eine Resonanzanalyse mithilfe von EPINetz

EPINetz setzt auf verschiedene quantitative und qualitative Verfahren der Diskursanalyse und Netzwerkanalyse, um die Resonanz von Informationen und Argumenten zu messen. Dies geschieht nicht allein auf der Mikro-Ebene der Nutzer:innen (der sog. Sensoren) und des von ihnen generierten Content, sondern auch auf der Meso-Ebene im Hinblick auf cross-mediale Effekte zwischen neuen und klassischen Medien. Schließlich werden Veränderungen auf der Makro-Ebene mit Fokus auf typische Diskursstränge und ihre Verschiebung ermittelt. Ereignisse, Informationen und Themen können etwa große Resonanz in sozialen Netzwerken erzielen, aber an den Qualitätsstandards professioneller Redaktionen scheitern. Cross-mediale Verbreitungseffekte können nachhaltige Verschiebungen des allgemein-öffentlichen Diskurses zu einem Politikfeld hin befördern. Umgekehrt kann sowohl die Viralität von Inhalten in sozialen Medien als auch die Annahmebereitschaft durch professionelle Redaktionen durch vorgeprägte Diskursstränge bedingt sein oder begünstigt werden.
Bild: Twitter @tagesschau

Die Dynamik von Netzwerken und die Modellierung und Erkennung von Topics

Bild: Julian Freyberg
Um diese Frage zu beantworten verwenden wir Methoden, die Informationen zu diskutierten Themen sowie zum zeitlichen Verlauf der Diskussionen effizient aus den Netzwerkdaten extrahieren und verschiedene Möglichkeiten der Exploration und Analyse bieten. So wird zu ausgewählten politischen Themen untersucht, wie diese sich über die Zeit in News-Artikeln und Postings widerspiegeln. Entstehen sogenannte „Breaking News“ tatsächlich nur in Sozialen Netzwerken? Welche in Sozialen Netzwerken auftretenden Themen werden wie von Fernsehen, Rundfunk und Presse aufgegriffen? Welche Diskurse in News-Outlets und Plenarsitzungen finden kaum Interesse in Sozialen Netzwerken bzw. dringen gar nicht bis dorthin vor? Antworten auf diese Fragen versprechen Metriken zu dynamischen Netzwerken, die auf das EPINetz-Netzwerk von Netzwerken in angepasster Form angewendet werden. Von besonderem Interesse sind dabei Zentralitäten, die wir für komplexere Strukturen wie beispielsweise Pfade zwischen Akteursnetzwerk und Wort-Kookkurrenznetzwerk weiterentwickeln wollen. Daneben spielen aber auch Aspekte der Dynamik in individuellen Netzwerken eine Rolle. So soll es u.a. möglich sein, Communities von Akteuren über die Zeit zu untersuchen. Die Modellierung von Beziehungen zwischen Akteuren ergibt sich dabei u.a. aufgrund der Kommunikationsstrukturen (wie in Twitter), thematisch ähnlicher Texte, oder ähnlicher Argumente in Texten.

Eine weitere von uns verwendete Methode ist das sogenannte Topic Modelling, welches es erlaubt, automatisiert Themen aus großen Textmengen zu extrahieren. Über die Zeit können verschiedene Akteure zu einem Topic beitragen. Konzepte (Terme oder Named Entities) können dynamisch für ein Topic relevant oder irrelevant werden. Diese Dynamik muss effizient über die gewichteten und mit Zeitstempeln versehenen Kanten im Netzwerk berechnet werden. Eine Erkennung der Dynamik von Topics hinsichtlich der in Texten auftretenden Terme spielt auch eine wichtige Rolle bei der Erkennung von Argumenten, da sich Argumentationsstränge über die Zeit ändern können, z.B. aufgrund neuer Fakten zu einem Sachverhalt. Gerade solche Funktionalitäten sollen es Nutzer:innen ermöglichen, sich ein differenziertes und kontextsensitives Bild von Diskursen zu verschaffen.
Bild: Pixaby @geralt